Offener Brief zur Gebührensatzung an Kreisleitung
Dreizehn Initiativen Freiwillig Engagierter in der Flüchtlingsarbeit aus dem Hochtaunuskreis haben einen Offenen Brief an den Landrat und die beiden Kreisbeigeordneten zum Thema „Gebührensatzung und Kosten der Unterkunft im SGB II-Bezug“ formuliert. Der Brief mahnt eine Regelung an, die Geflüchtete, die Hartz IV-Leistungen erhalten, davor schützt, aufgrund der Höhe der für ihre Unterbringung angesetzten Gebühren zur Kasse gebeten zu werden.
Viele in Gemeinschaftsunterkünften lebende Geflüchtete sind nämlich mittlerweile anerkannt und könnten aus den Unterkünften ausziehen. Sie finden aber keine Wohnungen. Damit der Kreis für die in den Unterkünften lebenden anerkannten Geflüchteten die ihm entstehenden Kosten durch den Bund erstattet bekommt, musste er eine Gebührensatzung erlassen, in der diese Kosten als Gebühren aufgeführt wurden. Dies geschah in einer Kreistagsitzung am 19.03.2018. Beschossen wurde dabei, dass pro Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft 375 € zu zahlen sind. Lebt ein anerkannter Geflüchteter, der in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt, von Arbeitseinkommen, dann muss er diese 375 € aus eigener Tasche bezahlen (und das z. T. für ein Bett in einem Drei-Bett-Zimmer mit Fremden). Lebt der Geflüchtete von Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV), dann übernimmt das Jobcenter die Gebühr.
Für Angehörige der zuletzt genannten Gruppe scheint es damit kein Problem zu geben. Doch die Realität ist eine andere. Beim Leistungsbezug nach SGB II gelten sog. Mietobergrenzen. Bestimmte Beträge der Kosten der Unterkunft dürfen nicht überschritten werden, sonst übernimmt das Jobcenter diese nicht. Da die Gebühren für die Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften jedoch pro Kopf erhoben werden, ist es so, dass schon bei einem Ehepaar, erst recht aber bei Paaren mit Kindern oder auch Alleinerziehenden die für die Unterbringung zu zahlenden Gebühren so hoch werden, dass sie oberhalb der Mietobergrenze liegen. Eine vierköpfige Familie müsste z. B. 1.500 € zahlen, dafür dass sie in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt. Im Vordertaunus dürfte die Miete aber für diese Familie maximal nur 818 € betragen, im Usinger Land sogar nur 682 €.
Alle Geflüchtete, die anerkannt sind, noch in Gemeinschaftsunterkünften leben und Leistungen nach dem SGB II beziehen, haben daher vom Jobcenter einen Brief erhalten, in dem steht, dass ihre Kosten der Unterkunft (d. h. die Wohnkosten, die das Jobcenter übernimmt) zu hoch sind. Deshalb werde das Jobcenter sie nur für sechs Monate übernehmen. Sie sollten sich bemühen, ihre Wohnkosten zu senken. Tatsächlich wurde ihnen vorgeschlagen, ihre Unterkunft unterzuvermieten oder mit dem Vermieter (das ist bei den Unterkünften in der Regel der Kreis!) über eine Senkung der Miete zu verhandeln. Hier wurden offenbar Standardschreiben verschickt, die alle SGB II-Leistungsempfänger bekommen, deren Wohnkosten über den Mietobergrenzen des Kreises liegen.
Es ist unklar, wie der Kreis bzw. das Jobcenter mit den zu hohen Wohnkosten der in Gemeinschaftsunterkünften lebenden Geflüchteten verfährt (Wohnkosten, die zu hoch sind, weil der Kreis sie mit seiner eigenen Gebührensatzung so hoch angesetzt hat, wohlgemerkt). Bei sonstigen SGB-Leistungsempfängern geht das Jobcenter normalerweise so vor, dass, wenn nach sechs Monaten die Miete immer noch zu hoch ist, nur noch der Maximalbetrag gemäß Mietobergrenzen bezahlt wird. Wenn das hier auch der Fall wäre, dann ist unklar, was mit dem Rest der eigentlich für die Unterbringung zu zahlenden Gebühr geschieht. Sollen ihn die Geflüchteten dann aus eigener Tasche zahlen? Und was passiert, wenn sie es nicht können? Werden sie dann aus den Unterkünften hinausgeworfen? Bzw. welche Maßnahmen wird der Kreis ergreifen, um diese Forderungen zu verfolgen? Wird er sie einfach niederschlagen?